Patricia Morosan: Re|Turn


Galerie Potemka, Aurelienstrasse 41, 04177 Leipzig 
Vernissage: Freitag, den 05.07.2024, 18h.
Ausstellungsdauer: 03.07. – 29.07.2024


Mit einer Intervention von Jasmina Al-Qaisi.

Die Ausstellung Re|Turn ist von Bewegung geprägt - dieser Begriff wird durch einen konstanten Zeitfluss definiert, der die Form von persönlichen Geschichten annimmt, in denen die Erinnerung als Vehikel zwischen Vergangenheit und Gegenwart fungiert - Heimkehr zwischen Intimität, Innerlichkeit, persönlichen und kollektiven Mythologien. Anstatt der physische Präsenz zu bekräftigen, kündigen die Bilder in dieser Ausstellung ein Verschwinden, eine unmittelbare und unvermeidliche Abwesenheit. Es geht um die Vorstellung des Vergehens der Zeit, die sich in der Bewegung des Körpers, die sich in eine Reihe von imaginären Gesten und Konfrontationen mit der Zeit selbst sich ausdrucken. Erinnerungen werden gelesen, verändert, neu gelesen und reflektieren den emotionalen Lebensraum der Heimat - das Herz der Mutter als archetypischer Ort, der Verlust der Sichtbarkeit und das Verschwinden. 

Re|Turn ist eine multimediale Arbeit, die während Reisen an meinen Geburtsort aufgenommen wurden. Die Bilder sind partiell, subjektiv, fragmentarisch und folgen dem unkontrollierbaren und assoziativen Rhythmus von Erinnerung. Viele der Fotografien dieser Serie zeigen Mitglieder der eigenen Familie oder Orte, die ich vor langer Zeit verlassen hat. Die Arbeit mischt Materialien, die in unmittelbarem Zusammenhang mit meinen Eltern stehen mit Themen, die eher lose mit meiner Familie verbunden sind, aber einen assoziativen Charakter haben. Das Werk enthält auch eine Installation von Elektrokardiogrammen, die die Herzdokumentation meiner Mutter über einen Zeitraum von 24 Stunden aufzeichnet, sowie eine Sequenz von 24 gescannten Bildern eines Super-8-Films von meiner eigenen Hand. Die Zahl 24 hat hier eine besondere Bedeutung, da es sich um die herkömmliche Anzahl von Bildern handelt, die für eine Sekunde von analogem Film verwendet werden, aber auch um eine Abfolge von Leben, die Anzahl der Stunden an einem Tag. Diese Herangehensweise an die Einteilung der Zeit (die Tageszeit, die Bewegung des Films.) ermöglicht es uns, einen Moment einzufangen und immer wieder darauf zurückzukommen.

Patricia Morosan ist eine visuelle Künstlerin, die mit Film, Poesie und Fotografie arbeitet. In ihrer Arbeit verhandelt sie die Dualität von Intimität und Identität. Sie hat Fotografie bei der Ostkreuzschule Berlin und bei der Hochschule für Grafik und Buchkunst (Klasse Tina Bara) in Leipzig studiert. Ihre Arbeiten werden international ausgestellt: u.a. bei Les Rencontres de la Photographie d'Arles, Fotohaus Paris-Berlin; Pavillion Populaire Montpellier; Goethe Institut Bukarest, im Museum für zeitgenössische Kunst Bukarest; Haus am Kleistpark, Kommunale Galerie und Galerie Franzkowiak in Berlin; Kunsthalle Lund; Benaki Museum, Metamatic TAF, TV Control Center (KET), Athen. Sie erhielt zahlreiche Stipendien und ist mehrfach ausgezeichnet worden. Ihre Arbeiten befinden sich, sowohl in staatlichen, als auch in privaten Sammlungen. Sie hat zwei Monographien veröffenlticht: Sun Stands Still, dienacht Publishing, 2017, Leipzig und (I) Remember Europe, Fotohof editions, 2022, Salzburg.

In dieser Ausstellung interveniert die Künstlerin Jasmina Al-Qaisi mit ihrer Arbeit Weinendes Kompott - ein partizipatives Happening mit Kompottkochen, Recherche und Audioarbeiten. 

An einem Ort namens Compote organisiert eine mehrsprachige Gruppe von Menschen, hauptsächlich Frauen, möglicherweise Feministinnen, eine Versammlung, um eine Legende zu entmystifizieren, die verhindert, dass die geheime Zutat für Compote-Getränk Tränen sind. Diese Legende hindert die Menschen daran, die Kompottgetränk in einem Moment der Überproduktion trauriger Trauben herzustellen. Die Gruppe kann sich nicht vorstellen, dass das Kompott gesalzen wird oder dass ihre Traurigkeit instrumentalisiert wird. Mitglieder der feministischen Gruppe konsultieren ihre erweiterten und ausgewählten Familien, um so viel wie möglich über dieses Dessert und die Legende herauszufinden. Was erfahren sie? Was machen Sie? Lass und diese Geschichte fortsetzen…

Kontext: Kompott ist ein flüssiges Dessert, das aus kochenden frischen und trockenen Früchten gewonnen wird. Es kommt in Zentral-, Ost-, Süd, Zentralasien und im Nahen Osten in verschiedenen Formen vor und wird überall fast gleich genannt. Man sagt, dass dieses Getränk-Dessert aus Zucker und Wasser die Feuchtigkeit im Körper ausgleicht.

Jasmina Al-Qaisi ist Autorin für Stimme und Papier. Sie schreibt wie sie spricht in ihrem eigenen Englisch, überträgt Poesie in performative Akte, Sound mit Gastronomie in Radioformate, oft in enger Kommunikation mit ihrer Großmutter und ihren Wahlfamilien. Jasmina tritt manchmal als Schnelle Musikalische Hilfe auf, die neue Ohrwürmer verbreitet, als wandelnde Wissenschaftlerin, die sich selbst in der Zukunft besucht, sie ist eine Beobachterin der Vogelbeobachter*innen, spricht die Sprache der Fragezeichen, verkörpert Insekten, psychologische Prozesse und den Zustand der Dinge wie das Wetter. Sie macht oft Wellen in freien, unabhängigen, temporären, mobilen und öffentlichen Radios. Jasmina setzt sich seit 2013 auf vielfältige Weise für die Kunst ein: sie entwickelt Konzepte, schreibt, und denkt über verschiedene Formen des Zusammenseins nach. Als Schriftstellerin nutzt sie poetische und alternative Formen, um Kritik zu üben und gemeinsam mit anderen Geschichten zu erzählen.